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Lieder für die Toten, Trost für die Lebenden | Die vergessene Kunst der Klageweiber

Was tun, wenn Worte fehlen? Klageweiber wussten es: Sie sangen, weinten und klagten – für die, die nicht mehr sprechen konnten.

Titelbild Klageweib

Ihre Tradition ist fast vergessen, doch ihre Botschaft ist aktueller denn je. Denn auch heute sehen wir Frauen, die inmitten von Krieg und Verlust ihre Stimme erheben – für die Toten, für die Lebenden, für die Gemeinschaft und das Erinnern.

Wenn die Trauer eine Stimme bekommt

Die Tradition der Klageweiber reicht weit zurück – bis in die Antike. In vielen Kulturen, etwa im antiken Griechenland, in Süditalien oder im Alpenraum, war es üblich, dass Frauen bei Begräbnissen lautstark klagten. Diese Praxis war nicht nur Ausdruck von Schmerz, sondern auch ein ritueller Akt, der dem Verstorbenen den Übergang ins Jenseits erleichtern sollte. Klageweiber wurden als Bindeglied zwischen den Lebenden und den Verstorbenen gesehen. Ihre Ausdrucksform des Schmerzes hatte nicht nur die Funktion, die Trauer zu zeigen, sondern sollte auch die Gemeinschaft um den Verstorbenen herum vereinen. Besonders im ländlichen Raum, wo der Verlust eines Mitglieds einer Familie oder Gemeinschaft oft große Auswirkungen hatte, waren Klageweiber ein wichtiger Bestandteil der Trauerkultur

Besonders eindrucksvoll ist das Beispiel des „Lamento Lucano“ aus Süditalien, das in der Volksmusik bis heute weiterlebt. Die Klage war dabei nicht nur ein Ausdruck individueller Trauer, sondern ein kollektives Ritual, das tief in der Gemeinschaft verwurzelt war. Jedes Jahr in der Karwoche findet heute noch in dieser Tradition im italienischen Canosa die Puglia als Erinnerung an das Sterben Jesu Christi die Processione della Desolata statt, bei der von hunderten, schwarz gekleideten Frauen mit verhüllten Gesichtern gemeinsam ein Klagegesang gesungen wird. Ein Gänsehautmoment, dem alljährlich viele Schaulustige beiwohnen. 

Und auch in manchen ländlichen Regionen Rumäniens wird die uralte Tradition der Klageweiber auch heute noch gelebt. Hier werden sie als „fete de doliu“ (Klagefrauen) bezeichnet und ihre Anwesenheit bei Bestattungen ist nach wie vor ein Bestandteil ritueller Trauerfeiern. 


Die Rolle und Bedeutung der Klageweiber

Klageweiber hatten eine doppelte Funktion: Sie waren emotionale Verstärkerinnen und rituelle Begleiterinnen. Diese Frauen übernehmen nicht einfach eine performative Rolle; sie sind auch Trösterinnen und Beraterinnen für die Hinterbliebenen.

Ihre Aufgabe war es, die Trauer der Angehörigen hörbar zu machen – oft in Form von rhythmischen, gesungenen oder gesprochenen Klageliedern. Dabei folgten sie festen Strukturen, die über Generationen weitergegeben wurden.

Diese Frauen waren oft nicht mit dem Verstorbenen verwandt. Gerade deshalb konnten sie die Trauer öffentlich und ohne persönliche Hemmung ausdrücken. Sie ermutigten die Gemeinschaft zu trauern – laut, sichtbar und gemeinsam.

Klageweiber schufen mit ihrer emotionalen Darbietung einen Raum für kollektive Trauer, in dem das Gefühl des Verlustes geteilt und nicht isoliert erlebt wurde. In diesem Sinne agierten Klageweiber auch oft als soziale Kommentatoren, die durch ihre Lieder und Klagen Geschichten erzählten und den Verstorbenen ein letztes ehrendes Gedenken bereiteten


Gesänge für die stillen Momente – Musik als Sprache des Verlusts

Musik verbindet das Individuum mit der Gemeinschaft und mit etwas Größerem – sei es die Erinnerung, die Spiritualität oder das Jenseits. Sie kann helfen, das Unsagbare auszudrücken und schafft Räume für Emotionen, die in Worten oft keinen Platz finden.

Klagegesänge – ob traditionell oder modern interpretiert – wirken wie ein Ventil. Diese musikalischen Elemente tragen nicht nur zur emotionalen Intensität des Moments bei, sondern helfen auch, die Trauer in eine Form zu bringen, die gemeinschaftlich erlebt werden kann. Untersuchungen zeigen, dass Musik eine heilende Kraft hat und zahlreiche Aspekte der Trauerarbeit unterstützt, indem sie den Trauernden Trost und Verbundenheit bietet. 


Verbunden im Schmerz: Trauer und die Kraft der Gemeinschaft

Trauer ist nicht nur ein individueller, sondern auch ein sozialer Prozess. In vielen traditionellen Gesellschaften war der Tod ein Ereignis, das die ganze Gemeinschaft betraf. Die Klageweiber waren dabei zentrale Figuren: Sie führten die Gemeinschaft durch das Ritual, gaben der Trauer Form und halfen, das Unfassbare greifbar zu machen. Sie schaffen eine Brücke zwischen dem persönlichen Schmerz und der kollektiven Trauer. Es geht darum, gemeinsam um den Verstorbenen zu trauern, Erinnerungen zu teilen und gegenseitig Trost zu spenden. Diese Gemeinschaftlichkeit ist wichtig, denn sie hilft, den Trauerprozess nicht in Isolation zu durchleben, sondern im Verbund mit anderen Menschen, die ähnliche Gefühle empfinden. 


Klageweiber im Wandel der Zeit

In Berichten aus Kriegsgebieten, wo Verlust und Trauer auf der Tagesordnung stehen, sehen wir oft Szenen, in denen Frauen zusammenkommen, um ihrem Schmerz Ausdruck zu verleihen. Diese Momente zeigen die Wichtigkeit von Gemeinschaft in Zeiten großer Not und verdeutlichen, wie Schmerz Menschen aus unterschiedlichsten Hintergründen vereinen kann.

In unserem Kulturkreis sind Klageweiber weitgehend verschwunden – verdrängt von stillen, oft anonymen Trauerpraktiken. Doch es gibt eine Rückbesinnung auf alte Rituale. KünstlerInnen, MusikerInnen, MusiktherapeutInnen und TrauerbegleiterInnen greifen die Tradition der Klage wieder auf – sei es in Form von Performancekunst, musikalischen Projekten, medizinischer oder spiritueller Begleitung.

In einer Zeit, in der Trauer oft privat und leise stattfindet, kann die Rückkehr zu kollektiven Ausdrucksformen heilsam sein. Klageweiber erinnern uns daran, dass Trauer Raum braucht – und eine Stimme.

Weiter Informationen zum Thema findest du hier:

Trauer: vom lamento lucano bis zum Totentanz der Streetart

Der Tod ist ihr Hobby: Die Frauen, die auf fremden Beerdigungen weinen

„Klageweiber?“ Verbales, Nonverbales, Weibliches und Leibliches in Resonanz Erfahrungen aus dem Klinikalltag






Autor: Gudrun
Mag. Gudrun Hofer

Von der Juristerei zur Wachszieherei - auf den ersten Blick nicht die naheliegendste berufliche Laufbahn. Als Ausgleich zur vielen rechtlichen Theorie suchte Gudrun ein handwerkliches Betätigungsfeld und fand in ihrem Schwiegervater, dem letzten Wachsziehermeister Österreichs, einen ganz besonderen Mentor in Sachen Kerzenherstellung. Seither verbindet sie ihre Liebe zu Kerzen mit ihrer Leidenschaft fürs Schreiben und lässt ihrer Kreativität beim Texten für Hofer-Kerzen freien Lauf.

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